Lisa Mühleisen


 

Lisa Mühleisen (*1986, Stuttgart) lebt und arbeitet in Stuttgart. Sie studierte an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart bei Discoteca Flaming Star und Birgit Brenner, sowie an der École nationale supérieure d'art de la Villa Arson in Nizza.

In ihrer Arbeit geht Lisa Mühleisen kategorisch vor, isoliert Formen, Farben, Sprache und Affekte und konstruiert damit neue ästhetische Behauptungen. An dieser Schnittstelle entsteht auch das Archiv der Künstlerin, The Shape of Things to Come, von welchem seit 2012 bereits elf Ausgaben erschienen sind.

 

Ihre Arbeiten wurden unter anderem bei art3 in Valence/Frankreich (2017), an der Cité Internationale des Arts in Paris/Frankreich (2017), im Schau Fenster in Berlin (2016), bei Parrotta Contemporary Art in Stuttgart (2014,2015, 2016, 2017) und im Eigen + Art Lab in Berlin (2014) gezeigt. 2013 wurde Lisa Mühleisen mit dem Peter Hans Hofschneider-Preis der Kunststiftung Baden Württemberg ausgezeichnet.

 

Lisa Mühleisens Malerei hinterfragt die Idee des autonomen Kunstwerks durch die augentäuschende Vermischung von Realität und Illusion. Die bildhafte Darstellung der Wirklichkeit entpuppt sich erst auf den zweiten Blick als Trompe-l'œil und verleiht dadurch sowohl Dargestelltem wie auch Darstellung eine objekthafte Präsenz. Die explizite Nennung der Titel unterlaufen, wie auch die Präsentation der Rückseiten ihrer Bilder,  die Konventionen der Malerei und stellen diese durch ihre materielle Isolation zur Disposition. Text: Philipp Ziegler

 

 

 

Lisa Mühleisen

HELLO ILLUSION!

 
Auf monumentalen Maßen winkt uns ein kleines, aus mehreren Quadraten zusammengesetztes Smiley in die Ausstellung Hello Illusion! von Lisa Mühleisen. Es begrüßt uns im Entrée der Galerie mit der Freude von akzeptierter Selbsttäuschung und heißt uns mit unverblümter Direktheit willkommen. Seine Absicht ist klar, aber vor allem ernst zu nehmen, da sie symptomatisch für Lisa Mühleisens Arbeit ist. Denn obwohl das Dargestellte auf den Holzplatten in ihren Bildern einer gemalten Illusion zu Grunde liegt, nehmen wir es zuerst als Realität wahr und somit als Teil unserer Umgebung. So integriert Lisa Mühleisen das Hinterfragen eines erlernten Verhaltens und vorgeprägten Wissens schon in das Betrachten ihrer Arbeiten, um vermeintlich Unwichtigem eine Bühne zu bieten und scheinbar Eindeutigem auf den Grund zu gehen. Bedeutung ist demnach auch in der einfachen Schönheit einer Leerstelle zu finden. Denn die formale Poesie, die ein gemaltes leeres Blatt A4 Papier mit sich bringt, ist Teil des Potenzials einer ästhetischen Anti-Hierachie (vgl. Arthur C. Danto, Kunst nach dem Ende der Kunst).

 

Die Illusion, die Lisa Mühleisen hier begrüßt ist die bildhafte, deren Wirkung das Dargestellte als Wirklichkeit erleben lässt. Mit ihr wendet sie sich gegen jegliche Art von beschönigendem Wunschdenken und dem Kaschieren-Wollen von banaler Realität. Natürlich dabei nicht ohne ironischen Unterton. Indem Lisa Mühleisen das Spiel mit der Bildrealität so auf die Spitze treibt, dass am Ende keine ästhetische Behauptung mehr absolut gesehen werden kann, etabliert sie in ihren Bildern eine Form von Direktheit. Diese manifestiert sich in holzgemaserten Malerpaletten und Leopardenmustern; in traumhaft glitzernden Farbflächen und metaphorischen Messlatten.

 

Lisa Mühleisens Malerei mag augentäuschend sein, doch ist sie in keinem Falle illusorisch. Sie mag unsere Sinne täuschen, appelliert dabei aber an die Klarheit unserer Sichtweise. Hat die in Lisa Mühleisens Arbeit viel zitierte konkrete Kunst die Direktheit des Bildes in der Verbannung der Illusion aus der Malerei gesucht; holt Lisa Mühleisen diese Direktheit gerade durch die Illusion wieder zurück ins Bild. Ihre Arbeit Double Negative geht zwar den eleganten Umweg über die doppelte Verneinung, doch trifft sie – nicht nur rein aussagenlogisch – letztendlich dieselbe Bildaussage wie die eingangs erwähnte Arbeit mit dem uns zuwinkenden Smiley: Die Bejahung einer bildhaften Illusion zugunsten der Direktheit der Bildbehauptung. Oder schlichtweg: Hello Illusion! Text: Nicola Höllwarth

 

 

 

Lisa Mühleisen

HELLO ILLUSION!

From a monumental panel, a little smiley – composed of several squares – waves us into the exhibition “Hello illusion!” by Lisa Mühleisen. It welcomes us in the hall of the gallery with the joy of accepted self-deception and with blunt directness. Its intention is clear but, above all, to be taken seriously, as it is symptomatic of Lisa Mühleisen’s work. Even though what is depicted on the wood panels is a painted illusion, we take it as true reality and as part of our environment. By providing a stage for the seemingly unimportant and fathoming out what is what is allegedly unambiguous, Lisa Mühleisen questions our learned behaviour and preconceived knowledge in the act of viewing her work. Importance can thus be found in the simple beauty of a void. The formal poetry of a painted blank sheet of A4 paper is part of the potential of an aesthetic anti-hierarchy (see Arthur C. Danto, Art after the End of Art).

 
The illusion that Lisa Mühleisen embraces here is a pictorial one, the effect of which as depicted is the experience of reality. In this way, the artist turns against any kind of euphemistic thinking and the wish to conceal reality in all its banality – of course, not without irony. Lisa Mühleisen’s game of using the image as reality reaches extreme heights, when no more aesthetic assertions can ultimately be made in absolute terms. This form of directness manifests itself in wood-grained painter palettes, leopard patterns, exquisitely sparkling colour surfaces and metaphorical measuring rods.

 
Lisa Mühleisen’s painting may be deceptive, but in no way is it illusionary. It may deceive our senses, but it appeals to the clarity of our vision. Whilst the much-cited aspect of concrete art in Mühleisen’s work aimed for directness in painting by banishing illusion, Mühleisen brings this directness straight through the illusion back into the picture. Her work “Double Negative” might take the elegant detour via a double negative, yet it ultimately attains – not merely according to a propositional formula – the same pictorial message as the aforementioned work with the waving smiley: namely, the affirmation of a pictorial illusion in favour of the directness of a pictorial assertion. Or simply: Hello illusion! Text: Nicola Höllwarth